Kürzlich ging es durch die Presse: Mittlerweile plant die Bundesregierung, auch Geheimdiensten die Installation von Trojanern zu erlauben, unter anderem um Messenger zu überwachen [1]. Die geplante Ermächtigung betrifft das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), den Bundesnachrichtendienst (BND), den Militärischen Abschirmdienst (MAD) und die Verfassungsschutzämter der Länder.
Überwachung und Trojaner sind auch das Thema dieses Beitrags. Was würde passieren, wenn die Trojaner eingesetzt werden? Und was tun die PIRATEN dagegen?
Schon 2017 hat die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen versucht, dem Hessischen Verfassungsschutz die Nutzung von Staatstrojanern zu erlauben [2]. Nach der ersten Protestwelle hat sie den Hessentrojaner dann erst mal ins Polizeigesetz verschoben.
Wir Hessenpiraten haben eine Verfassungsbeschwerde gegen das Hessische Polizeigesetz und die Nutzung von Trojanern eingereicht, [3]. Zu dieser Verfassungbeschwerde haben jetzt vier Piraten, die auch IT-Experten sind, ein Gutachten geschrieben, das unser Anwalt ebenfalls in Karlsruhe einreicht. Die Gutachter sind: Sebastian Alscher, Borys Sobieski, Marco Holz und Hanno Wagner [4]. In seiner Jahresvorschau für 2021 hat das Bundesverfassungsgericht auch unser Verfahren aufgeführt [https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Verfahren/Jahresvorausschau/jahresvorausschau_node.html]. Es ist ein gutes Zeichen, dass unser Fall dem Gericht ein Hinweis an dieser Stelle wert ist. Wir hoffen, dass es noch in diesem Jahr zu einer Verhandlung in Karlsruhe kommt.
Verschärfung der Überwachung: Nebenwirkungen für Grundrechte und IT-Sicherheit
Die Regierungen des Bundes und der Länder lassen nicht locker! Wieder einmal versuchen sie, unsere Grundrechte auszuhebeln, nämlich das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme. Dabei handelt es sich im Prinzip um das Briefgeheimnis und die Unverletzlichkeit der Wohnung im Digitalzeitalter. Unsere Grundrechte sind kostbar, sie sind eine Errungenschaft nach den Erfahrungen der Nazi-Diktatur und wir wollen sie auch in der digitalen Welt bewahrt wissen.
Eine der Folgen des Einsatzes von Trojanern ist, dass beschlagnahmte Speichermedien nicht mehr als Beweismittel vor Gericht verwendet werden können, da eine Manipulation von dritter Seite nicht mehr ausgeschlossen werden kann. Denn wenn ein Trojaner zum Einsatz kommt, kann eben gerade nicht mehr davon ausgegangen werden, dass vorgebliche Beweise nicht unter Verwendung derselben Sicherheitslücken untergeschoben wurden.
Diese und weitere Argumente sind sowohl in der Beschwerdeschrift unseres Anwalts als auch im Gutachen unserer Experten nachzulesen [5].
Durch die geforderte Mitwirkungspflicht werden auch die Grundrechte der Anbieter eingeschränkt und diese u.U. zu Mittätern gemacht.
Widerstand gegen Überwachungsszenarien
Der Hessentrojaner ist nur ein Beispiel. In den Schubladen der Regierungen und Überwachungslobbyisten liegen Propaganda-Pläne für den Fall, dass es wieder ein Verbrechen gibt, wie Terrorismus oder Kinderpornografie. Dann wird lamentiert, dass man nur mit viel stärkerer Überwachung etwas Ähnliches in Zukunft verhindern könne, also Abschaffung des digitalen Briefgeheimnisses, Trojaner, Gesichtserkennung, Vorratsdatenspeicherung und und und. In allen solchen Propagandafällen stellte sich jedoch heraus, dass entweder andere Ermittlungsmethoden zum Erfolg geführt hatten oder im Fall von nicht verhinderten Anschlägen, dass die Täter der Polizei schon bekannt waren, es aber Behördenfehler gegeben hatte. Reformen von Polizei, Geheimdiensten und Behörden sind überfällige Maßnahmen. Eine Aushöhlung von Grundrechten ist dagegen weder nötig noch verhältnismäßig.
Nicht nur Verfassungsrechtler protestieren, [6] es gibt jetzt sogar ein erstaunliches Bündnis von Organisationen wie dem CCC, Firmen wie Facebook, Google oder Posteo und IT-Verbänden, die sich in seltener Einigkeit mit einem gemeinsamen Protestbrief an die Bundesregierung und den Bundestag sowie die Öffentlichkeit gewandt haben: [7].
Wir PIRATEN setzen uns auf allen Ebenen gegen eine Beeinträchtigung unserer Grundrechte ein. Dazu gehört auch das Engagement unseres Abgeordneten im Europaparlament, Dr. Patrick Breyer, der schon mehrfach erfolgreich Verfassungsbeschwerden gegen Überwachungsmaßnahmen in Karlsruhe eingereicht hat. Hier sein neuester Bericht über ähnliche Pläne in der EU. [8]
Wir kämpfen auch gegen die Pläne der Bundesregierung zur, ihren ursprünglichen Versprechen klar zuwiderlaufenden, Einführung von Uploadfiltern: [9].
Und in Hessen kämpfen wir weiter gegen den Hessentrojaner.
Wenn Ihr mithelfen wollt, dann engagiert Euch – schreibt Euren Bundestagsabgeordneten, sprecht uns zur Planung gemeinsamer Aktionen an, werdet politisch aktiv. Ein weiterer Weg ist eine Spende zur Finanzierung der von uns angestrengten Verfassungsbeschwerde: [10]
Unsere Verfassungsbeschwerde kostet Geld! Ihr könnt uns mit Spenden unterstützen!
Hier findet Ihr unsere Kontonummer für Überweisungen, bitte den Betreff „Hessentrojaner“ eingeben! Oder gleich mit Paypal überweisen:
2: https://www.hessentrojaner.de
3: https://www.piratenpartei-hessen.de/blog/2019/06/26/hessentrojaner/, eine Übersicht über unsere Aktivitäten findet sich hier: https://wiki.piratenpartei.de/Hessentrojaner
4: https://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/2/21/Hessentrojaner_Stellungnahme-Piraten.pdf
5: Beschwerdeschrift: https://cyberlunch.de/wp-content/uploads/2019/07/Beschwerdeschrift-Hessentrojaner.pdf, Expertengutachten: https://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/2/21/Hessentrojaner_Stellungnahme-Piraten.pdf
7: https://www.ccc.de/de/updates/2021/offener-brief-alle-gegen-noch-mehr-staatstrojaner
10: Hier ist unser Werbevideo für die Spenden: https://www.youtube.com/watch?v=9st2EaE9EqM
Hier \“Die kleine Piratenbühne: Oma und der Hessentrojaner\“: https://www.youtube.com/watch?v=kxDfxn76u0s&t=370s
Beitragsbilder und Video: Annette Schaper-Herget
Lizenz: CC mit Namensnennung: https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/